Fruchtbare Böden sind die Grundlage für die Ernährung der Menschheit. Diese Grundlage ist jedoch leicht verwundbar, nur begrenzt verfügbar und daher unheimlich kostbar. Es ist unsere Aufgabe, diese „dünne Haut“ der Erde zu schützen und in einem guten Zustand an zukünftige Generationen zu übergeben.
Seit wir in Europa nicht mehr unter Nahrungsmittelknappheit leiden, sondern eher an Überfluss, gerät das weithin in Vergessenheit. Wir leben von und auf dem Boden. Er versorgt die Pflanzen mit Nährstoffen, Wasser und gibt ihnen Halt für ein gesundes Wachstum. Trotzdem schenken wir ihm kaum Beachtung. Das ändert sich zunehmend angesichts der weltweiten Verknappung und Zerstörung von fruchtbarem Ackerland. Wind- und Wassererosion sowie das Befahren der Äcker mit schweren Maschinen führen zu einer deutlichen Verschlechterung bis Zerstörung der Böden. So zeigen 35 % der landwirtschaftlichen Böden in Europa Verdichtungserscheinungen und 17 % gelten als degradiert. Durch die landwirtschaftliche Nutzung haben 45 % der Böden Europas deutlich an Humus (Organischer Substanz) verloren. Mit sinkenden Humusgehalten sinkt auch die natürliche Fruchtbarkeit der Äcker.
Hinzu kommen die enormen Preissteigerungen für Ackerland während der letzten zehn Jahre und der hohe Grad der Bodenversiegelung durch die Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsfläche. Dieser tägliche Flächenverlust beträgt in Deutschland 62 Hektar, was die Konkurrenz um Landwirtschaftsflächen stetig verschärft. Das bedeutet, dass pro Jahr in Deutschland eine Fläche so groß wie Paris versiegelt wird.
Damit wir den Boden nicht unter unseren Füßen verlieren, sollte kirchliches Handeln im Bereich der Landverpachtung eine Vorbildfunktion haben. Ein gerechter Umgang mit dem anvertrauten Land und die Wiederentdeckung von Boden als wichtiges Thema für die gemeindliche und übergemeindliche Bildungsarbeit gehören unbedingt dazu. Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist eine humusaufbauende Landwirtschaft, die den Boden wieder in den Mittelpunkt der Bewirtschaftung stellt.
“Wir sehen die prall gefüllten Regale im Supermarkt und glauben, das gehe immer so weiter. Dabei leben wir auf Pump, auf Kosten des Bodens. Wir heben Geld ab von einem Konto, auf das wir nie einzahlen. Eines Tages wird dieses Konto leer sein und der Dispokredit überzogen und der Boden am Ende.“ (Auszug aus dem Video „Let´s talk about soil“ von Uli Henrik Streckenbach)
Let's Talk About Soil - German from IASS Vimeo Channel on Vimeo.
Ein humusreicher Boden ist gleichzeitig ein fruchtbarer Boden und Humus – das ist das Gute – lässt sich aufbauen. Humus bindet zudem große Mengen an CO2 im Boden. Landwirte können durch Humusaufbau die Standorteigenschaften ihrer Ackerböden verbessern und gleichzeitig einen Beitrag für den Klimaschutz leisten.
Als Humus (lateinisch für Erdboden) bezeichnet man die gesamte abgestorbene organische Substanz des Bodens. Er besteht überwiegend aus Pflanzenresten und ihren Umsetzungsprodukten sowie aus den Resten, Ausscheidungen und Umwandlungsprodukten von Bodentieren und Mikroorganismen. Humus besteht zu rund 58 % aus Kohlenstoff.
Fruchtbare Böden, auf denen Pflanzenwachstum und Nahrungsmittelproduktion möglich ist, sind ein begrenztes und kostbares Gut und bilden die Grundlage für eine dauerhafte Sicherung der Nahrungsmittelversorgung.
Eine zentrale Rolle spielt hier der Humushaushalt des Bodens. Ergebnisse aus Dauerfeldversuchen haben gezeigt, dass die Bedeutung des Humus bzw. der organischen Bodensubstanz (OBS) für die Bodenfruchtbarkeit in der positiven Auswirkung auf nahezu alle Standorteigenschaften des Bodens liegt. So ist Humus maßgebend an der Ausgestaltung biologischer, physikalischer und chemischer Eigenschaften des Bodens beteiligt.
Nährstofflieferant und Nährstoffspeicher
Humus enthält und speichert wichtige Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphor oder Kalium für das Pflanzenwachstum. Der Humus hält diese Nährstoffe bereit und verhindert, dass sie ins Grundwasser ausgespült werden.
Lebensraum
Humus ist ebenfalls Nährstoffquelle und Schutzraum für Bodentiere und Mikroorganismen und Grundlage einer gesunden Bodenbiologie (5).
Wasserspeicher
Durch den Humus bekommt der Boden eine Struktur, die mit der eines Schwamms vergleichbar ist. Humus ist sehr porös. Diese Porenstruktur kann Wasser sehr gut binden und wirkt auch entgegen der Schwerkraft. Das Wasser steht den Pflanzen und Bodenlebewesen somit länger zur Verfügung (2|6).
Bodenstabilität
Humusreiche Böden haben durch Bildung von Ton-Humus-Komplexen eine hohe Aggregatstabilität und können bei extremen Niederschlägen besser Wasser aufnehmen. Humus vermindert damit die Gefahr der Erosion und Verschlämmung (7).
Schadstofffilter
Aufgrund seiner porösen Struktur besitzt Humus einen hohen Oberflächenanteil. Diese Oberfläche bindet Schadstoffe wie Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, fördert deren Abbau und verhindert deren Auswaschung ins Grundwasser.
Kohlenstoffspeicher
Pflanzen binden CO2. Dieses wird beim Abbau organischer Pflanzenreste zum Großteil wieder freigesetzt. Ein Teil jedoch wird von der humusreichen Bodenstruktur gebunden, und das für lange Zeit. Global betrachtet speichern Böden in etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie die lebende Pflanzenwelt (3).
Den Ansatz „gesunder Boden = gesunde Pflanzen = gesunder Mensch“ ist ein Weg, den immer mehr Landwirt*innen einschlagen. Um die natürliche Fruchtbarkeit der Böden zu schützen und Humus aufzubauen, gilt es folgende Maßnahmen umzusetzen:
Eine möglichst ganzjährige Begrünung (Zwischenfruchtanbau und Untersaaten). Dadurch Verhinderung von Wasser- und Winderosion. Ständiges Nahrungsangebot für das Bodenleben und größerer Kohlenstofffluss durch mehr Photosynthese.
Eine ausgewogene, vielfältige Fruchtfolge, sowie auch Anbau von Mischkulturen.
Die Düngung mit Kompost und Mist trägt zum Humusaufbau bei - im Gegensatz zur Düngung mit mineralischen Stickstoffdüngern.
Minimierung der Bodenbearbeitung, um das Bodenleben zu schonen und Humuszehrung zu stoppen (pfluglos, Direktsaat).
Minimierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes für den Erhalt des Bodenlebens.
Organische Bodenbedeckung (Mulchen) als Schutz vor Erosion und Austrocknung. Nahrungsangebot für Bodenleben.
Biologische Stickstoff-Fixierung durch in die Fruchtfolgen integrierter Leguminosenanbau.
Der Verbleib und die Rückführung von Ernterückständen.
Ausgewogenes Nährstoffangebot im Boden für ein gesundes Pflanzenwachstum.
Anlage von Hecken und Feldgehölzen
Grünlanderhalt unter extensiver Wiesen- oder Weidenutzung
Welche Maßnahmen am schnellsten zum Ziel führen, ist stark abhängig vom Standort und der jeweiligen Betriebsform.
1 - Engels, C., Reinhold, J., Ebertseder, T., Heyn, J.(2010): Humusbilanzierung landwirtschaftlicher Böden – Einflussfaktoren und deren Auswirkungen“. VDLUFA. Speyer.
2 - Gisi, U., et. all. (1997) Bodenökologie. 2 Auflage. Stuttgart.
3 - Heinrich-Böll Stiftung, Institute for Advanced Sustainability Studies,Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland und Le Monde diplomatique (2015). Bodenatlas: Daten und Fakten über Acker, Land und Erde.
4 - Körschens, M. (2004) Humusbilanzierung Methode zur Beurteilung und Bemessung der Humusversorgung von Ackerland. VDLUFA. Bonn.
5 - Paul, E.A. (2007): Soil Microbiology, Ecology and Biochemistry. Amsterdam.
6 - Scheffer, F., Schachtschnabel, P., Blume, H., Brümmer, G., Horn, R., Kandeler, E., Kögel-Knabner, I., Kretschmar, R., Stahr, K., Wilk, B. (2010): Lehrbuch der Bodenkunde.16. Auflage. Wiesbaden
7 - Schmidt und Stadtler (2017): Den Boden fit machen, Struktur, Leben, Fruchtbarkeit. Agrarpraxis Kompakt. DLG-Verlag GmbH, Frankfurt am Main. ISBN-Nr.: 978-3-7690-2049-6
8 - Stahr, K, Kandeler, E., Hermann, L., Streck T. (2016): Bodenkunde und Standortlehre. 3 Auflage Stuttgart.
9 - Wessolek et al. (2008): Ermittlung von Optimalgehalten an organischer Substanz landwirtschaftlich genutzter Böden nach § 17 (2) Nr. 7 BBodSchG. Umweltbundesamt. Berlin.
10 - Wilhelm, Birgit (2015) „Ein lebendiger Boden sorgt für gutes Klima“. WWF Deutschland zum internationalen Jahr des Bodens 2015. Nachhaltige Landwirtschaft & Ressourcenschutz WWF Deutschland.
Kirchengemeinde Kieve-Wredenhagen
Kirchenland nachhaltig verpachten – Bewahrung der Schöpfung ist unsere Pflicht
Frisches für Freunde
Die SoLaWi-Gärtnerei „Frisches für Freunde“ befindet sich am Stadtrand von Greifswald. Sie sind ein biologischer Gemüsebaubetrieb auf Kirchenland und setzen auf Direktvermarktung in der Region.